Hans-Martin Chee - korrekturfachlehrer.de
Grundfragen zur Mehrarbeit
(Fragen und Antworten sind aus den genannten Fundstellen abgeleitet, für die Richtigkeit wird keine Gewähr übernommen.)
Müssen Lehrkräfte überhaupt Mehrarbeit leisten?
Ja, wenn „zwingende dienstliche Gründe es erfordern“. (LBG, § 61, 78 a, sowie ADO, § 13, Abs. 5)
„Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrerin oder eines Lehrers kann vorübergehend aus schulorganisatorischen Gründen um bis zu sechs Stunden über- oder unterschritten werden. Eine Überschreitung um mehr als zwei Stunden soll in der Regel nicht ohne Zustimmung der betroffenen Person erfolgen, wenn sie über zwei Wochen hinaus andauert. Die zusätzlich oder weniger erteilten Unterrichtsstunden sind innerhalb des Schuljahres auszugleichen, ausnahmsweise im folgenden Schuljahr.“ (§ 2 Absatz 4 VO zu § 93 Absatz 2 SchulG).
Wann liegt Mehrarbeit vor und wie wird ihr Umfang ermittelt?
Zunächst wird die wöchentliche individuelle Pflichtstundenzahl zugrunde gelegt, bei einer vollbeschäftigten Lehrkraft am Gymnasium (nicht schwerbehindert, keine Altersermäßigung) sind dies 25,5 Stunden. Diese Sollzahl wird mit der Zahl der tatsächlich geleisteten Stunden pro Kalenderwoche verglichen:
„Daraus folgt, dass für eine Lehrkraft, die z.B. am Montag 2 Unterrichtsstunden mehr erteilt hat, ihr aber am Freitag derselben Woche 2 oder mehr Stunden wegen der Abwesenheit einer Klasse (wegen Klassenfahrt oder Praktikum) ausgefallen sind, bereits begrifflich keine Mehrarbeit vorliegt.“ ( BR Detmold, Infoschreiben an alle Schulleitungen v. 9.6.2009)
Verrechungszeitraum ist der Kalendermonat, d.h. z.B., dass Mehrarbeitsstunden im Februar nicht mit Ausfallstunden im März verrechnet werden dürfen. (vgl. Erlass „Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst“, 4.) Oder mit anderen Worten: „Ein Nachholen ausgefallener Unterrichtsstunden in Folgemonaten ist grundsätzlich ausgeschlossen.“ ((Infoblatt zur Mehrarbeit, BR Düsseldorf vom 15.11.2010)
Allerdings werden in mehreren Wochen desselben Monats Ausfallstunden und Mehrarbeitsstunden gegengerechnet:
Ein „geänderter Einsatz im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit“ liegt auch dann
vor, wenn die zunächst ausgefallenen Unterrichtsstunden im Laufe des Kalendermonats
(Abrechnungszeitraum) zeitversetzt nachgeholt werden. Auch in diesen
Fällen entsteht keine Mehrarbeit, solange die individuell festgesetzte Pflichtstundenzahl
nicht überschritten wird und somit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
den monatlichen Bezügen und entsprechender Dienstleistung besteht.
Ein Nachholen ausgefallener Unterrichtsstunden in Folgemonaten ist grundsätzlich
ausgeschlossen.(Infoblatt zur Mehrarbeit, BR Düsseldorf vom 15.11.2010)
Was ist gelegentliche Mehrarbeit (GMA) ?
Gelegentliche oder „ad hoc-Mehrarbeit“ fällt bei kurzfristigen Unterrichtsausfällen aus Krankheitsgründen an, sie dauert nicht länger als 4 Wochen, zuständig für die Anordnung bzw. Genehmigung ist die Schulleitung. (Erlass „Flexible Mittel für Vertretungsunterricht“, 5.1 sowie Infoblatt zur Mehrarbeit, BR Düsseldorf vom 15.11.2010, S.1)
Gelegentliche Mehrarbeit wird formlos angeordnet unter Angabe von Datum, Name, Klasse, Stunde und Unterrichtsfach (Vertretungsplan). (vgl. (Erlass „Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst“, 3.2.1)
Was ist regelmäßige Mehrarbeit (RMA)?
RMA liegt vor, wenn die Dauer der Mehrarbeit vier Wochen übersteigt. (Infoblatt zur Mehrarbeit, BR Düsseldorf vom 15.11.2010). - RMA wird angeordnet oder genehmigt durch die Bezirksregierung auf Antrag der SL mittels Formblatt STD 424. RMA ist im Stundenplan der Lehrkraft nach Wochentag, Unterrichtsstunde und Klasse zu bestimmen und dauerhaft kenntlich zu machen. (Erlass „Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst“, 3.2.1)
Wie wird Mehrarbeit vergütet?
Geleistete Mehrarbeit ist grundsätzlich durch Freizeitausgleich abzugelten. Da dieser im Schuldienst in der Regel aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist, wird Mehrarbeit im Schuldienst anstelle eines Freizeitausgleichs vergütet. („Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst“, 5.2)
Die Mehrarbeit nach den Vergütungssätzen für Mehrarbeit wird unabhängig von der jeweils aktuellen Eingruppierung nach den Vergütungssätzen für das Eingangsamt der jeweiligen Laufbahn vergütet, der Stundensatz für A 13 höherer Dienst beträgt 31,52 Euro. (§ 4 MVergV, Stand August 2016)
Für Referendare wird Mehrarbeit ab der ersten Stunde vergütet. (s.u.)
Wann wird Mehrarbeit für Vollzeitlehrkräfte vergütet ?
Vergütet wird MA, wenn die „individuelle Pflichtstundenzahl um mehr als drei Unterrichtsstunden im Kalendermonat, höchstens um 288 Unterrichtsstunden im Kalenderjahr, überschritten wird.“ (Infoblatt zur Mehrarbeit, BR Düsseldorf vom 15.11.2010, S.1)
Unter welchen Voraussetzungen kann für Vollzeitbeschäftigte Mehrarbeit unter 4 Stunden im Kalendermonat vergütet werden?
MA unter 4 Stunden ist dann vergütbar, wenn die Mindeststundenzahl von 4 Stunden wegen Verrechnung mit ausgefallenen Stunden unterschritten wird. Beispiel: Eine Lehrkraft hat 4 Stunden im Kalendermonat Mehrarbeit geleistet, im selben Zeitraum sind 2 Pflichtstunden anrechenbar ausgefallen. Die verbleibenden 2 Mehrarbeitsstunden werden vergütet. (Erlass „Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst“, 5.2)
Wann wird Mehrarbeit für Teilzeitlehrkräfte vergütet ?
Bei Teilzeitlehrkräften wird Mehrarbeit von der ersten Stunde an vergütet, und zwar
a) bei Tarifbeschäftigten durch ein anteiliges Entgelt nach dem TV-L
b) bei beamteten Lehrkräften durch eine anteilige Besoldung.
Dies gilt bis zum Erreichen der Pflichtstundenzahl einer vollbeschäftigten Lehrkraft. Danach gilt die Vergütungsregelung für Vollzeitlehrkräfte, s.o.
Mehrarbeit durch Teilnahme angestellter Teilzeitlehrkräfte an Klassenfahrten
Die Teilnahme von nicht beamteten Teilzeitbeschäftigten wird auf Antrag für die Dauer der Fahrt wie eine Vollzeitstelle vergütet.
Tarifbeschäftigte Lehrkräfte in Teilzeit, die an einer Klassenfahrt teilnehmen, müssen daher einen Antrag auf Aufstockung des Beschäftigungsumfangs auf Vollzeit im zuständigen Personaldezernat 47 – im Grundschulbereich im zuständigen Schulamt – stellen. Dieser Antrag muss von der Schulleitung mit der ausdrücklichen Bestätigung, dass ein Freizeitausgleich nicht erfolgen kann, weitergeleitet werden.
Dieser Antrag auf Aufstockung erfolgt formlos. Ein Formular gibt es dafür nicht. Es muss lediglich tagesscharf benannt sein, von wann bis wann die Fahrt gehen wird. Die Einhaltung des Dienstweges ist wegen der erforderlichen Bestätigung der Schulleitung, dass ein Freizeitausgleich nicht möglich ist, erforderlich.
(BAG Urteil vom 22.8.2001: "Leistet der teilzeitbeschäftigte Lehrer anlässlich einer ganztägigen Klassenfahrt Arbeit wie eine Vollzeitkraft, steht ihm ein Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung oder auf zusätzliche anteilige Vergütung zu.")
Beamtete Teilzeitlehrkräfte bekommen keine Vergütung. Im Vergleich zu vollbeschäftigten beamteten Lehrkräften soll hier auf eine anteilig weniger häufige Teilnahme an Klassenfahrten geachtet werden.
Dürfen Referendare zu Mehrarbeit herangezogen werden?
Ja, aber nur bis zu einem Umfang von zwei Wochenstunden, und auch nur mit deren Zustimmung. (OVP § 11 (8) )
"Die in der OVP festgelegte Obergrenze für Mehrarbeit sollte nicht überschritten werden; ansonsten besteht das Risiko, dass Prüfungsergebnisse im Rahmen der Zweiten Staatsprüfung anfechtbar werden. […] Schulleitungen müssen die Genehmigung der Seminarleitung einholen, wenn sie LAA über das festgelegte Maß des Ausbildungsunterrichts hinaus regelmäßig mit zusätzlichem Unterricht betrauen wollen.
Höhe der Mehrarbeitsvergütung - Zahlung ab der ersten Stunde
Die Vergütungssätze stimmen in der Höhe überein mit den Sätzen, die […] im angestrebten Lehramt gezahlt werden. Die Mehrarbeit wird ab der ersten Stunde bezahlt […] Zuständig für die Feststellung der geleisteten Mehrarbeit und deren Vergütungsfähigkeit ist der/die Schulleiter/in. Die Abrechnungsformalitäten mit dem LBV werden durch die Schulleitung erledigt. Ansprüche müssen vor Ablauf von 6 Monaten geltend gemacht werden, ansonsten verjähren sie." (http://www.zfsl-muenster.nrw.de/Ueber_uns/Ausbildungsrahmen/Rechtsrahmen/Mehrarbeit/index.html
Dürfen befristet eingestellte Lehrkräfte zu Mehrarbeit herangezogen werden?
Nein. Befristet eingestellte Lehrkräfte dürfen keine Mehrarbeit übernehmen, da hier der bestehende Arbeitsvertrag geändert werden muss.
(https://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/m/mehrarbeit_lehrkraefte/index.php)
Problem Ausfallstunden durch vorzeitiges Unterrichtsende der Q2
Nach dem Abgang der Abiturklassen etwa 10 Wochen vor Schuljahresende wird die Lehrkraft häufig für Vertretungsunterricht eingeteilt. Ist dieser Vertretungsunterricht Mehrarbeit?
Nein. Fällt der Unterricht wegen Abwesenheit der zu Unterrichtenden aus (z. B. Abgangsklassen,Schulfahrten, Exkursionen, Schulpraktika) und wird die Lehrkraft
zeitgleich mit Vertretungsunterricht oder anderen schulischen Aufgaben beauftragt,
entsteht keine Mehrarbeit. Bei einer solchen Veränderung des ursprünglich
vorgesehenen Einsatzes handelt es sich um eine zeitweilige Neuregelung der Arbeitsverteilung im Rahmen der bestehenden Unterrichtsverpflichtung.
(Infoblatt zur Mehrarbeit, BR Düsseldorf vom 15.11.2010)
Dürfen Ausfallstunden durch Abgangsklassen als Minusstunden in das Folgehalbjahr übertragen werden?
Nein. „Eine Verrechnung der durch Abgangsklassen wegfallenden Unterrichtsstunden mit Vertretungsstunden ist nur im jeweiligen Halbjahr möglich“ , und somit auch nur ab dem Zeitpunkt, ab dem diese Stunden wegfallen. „Eine Übertragung in das folgende Halbjahr […[ ist ausgeschlossen. Es erfolgt eine monatliche Abrechnung.“ „Ein Kompensation von Ausfallstunden in der Q2 […] durch Heraufsetzen der wöchentlichen Pflichtstundenzahl betroffener Lehrkräfte im zweiten Schulhalbjahr[…] ist […] nicht mehr möglich.“ (Rundverfügung BR Detmold, März 2017)
Aus dem Hinweis auf monatliche Abrechnung folgt, dass dann Mehrarbeit entsteht, wenn mehr Vertretungsstunden im Kalendermonat erteilt werden als Unterricht in der Q2 ausgefallen wäre.
Dr. Hans-Martin Chee, 27.7.2017